von Norman Schmid - 28. September.2021-

Resilienz und Umweltbewusstsein

Norman Schmid zu Gast bei ORF Studio 2

ORF Interview von Norbert Oberhauser mit Norman Schmid

Umweltpsychologe Dr. Norman Schmid spricht über den Zusammenhang von Resilienz und Klimaschutz. Laut Schmid sind die Wege zur Stärkung der Resilienz und zur Bewältigung der Klimakrise oft sehr ähnlich und können sich wechselseitig ergänzen. Das, was dem Menschen guttut, ist oftmals auch gut für die Natur. Dazu zählen ein Leben im Gleichgewicht mit der Natur, Entschleunigung, Zeitwohlstand und auch Downsizing.

Norbert Oberhauser: Wie definieren Sie Resilienz - was heißt das überhaupt?

Norman Schmid: Zur Beschreibung der Resilienz kann man auf Metaphern der Natur zurückgreifen. Ein Baum, der tief verwurzelt und mit seinen Ästen biegsam ist, kann auch großen Stürmen standhalten. Wir Menschen sind durch verschiedene Ressourcen im Leben verwurzelt. Dazu zählen Sozialkontakte, Hobbys, ein befriedigender Beruf und Naturerlebnisse. Besonders in der Natur kann man zur Ruhe kommen und neue Kraft tanken.
 
Sie sagen, wir können unsere Psyche stärken und gleichzeitig etwas für den Klimaschutz tun. Wie meinen Sie das?

Die Wege zur Stärkung der Resilienz und zur Bewältigung der Klimakrise sind sich sehr ähnlich und können sich wechselseitig ergänzen. Das, was dem Menschen gut tut, ist oftmals auch gut für die Natur. Dazu zählen ein Leben im Gleichgewicht mit der Natur, Entschleunigung, Zeitwohlstand und auch Downsizing.
Weniger ist tatsächlich oftmals mehr. So ist die schönste Reise nicht unbedingt jene, die am weitesten um den Erdball führt. Nachhaltige und emotional berührende Erlebnisse warten oftmals vor der Haustüre. Das ist für einen selbst entspannter und hält auch den CO2 Fußabdruck in Grenzen.
 
Ein Großteil von uns fühlt sich permanent gestresst - beruflich ist das oft unausweichlich, aber wir stressen uns ja auch in unserer Freizeit und in unserem Konsumverhalten? Wie kann man Stress reduzieren?

Wenn man sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens besinnt, dann steigt man aus der Stress-Spirale des Lebens aus. Das bedeutet, dass man mehr Zeit für die Familie, Freunde und Hobbys hat. Erlebnisse können besser nachwirken, es wird eine Reizüberflutung und Inflation an zu vielen Erlebnissen verhindert.
In Bezug auf Konsum kann man sich ebenfalls fragen, was man tatsächlich benötigt. Jedes Jahr ein neues Smartphone, die 10. Jeans oder ähnliches? Wie lange hält die Freude an dem neuen Produkt an? Wenn wir achtsamer mit unseren Gütern und Dingen des Alltags umgehen, führt dies zu weniger Materialverbrauch und dadurch zu einem besseren Haushalten mit den Ressourcen der Erde. Ganz ähnlich ist es mit dem Ressourcenverbrauch unserer Psyche. Auch hier gilt es im Sinne der Resilienz, unsere Ressourcen zu schützen und das, was die Psyche stärkt, zu fördern.

Wir spüren es ja bereits jetzt, aber die Klimakrise wird noch mehr zur Anstrengung für uns alle werden. In der Debatte um Klimaschutz wird oft hitzig darüber diskutiert, wie viel Verzicht notwendig ist - Sie sagen, wir sollten es anders sehen bzw umdenken, um gestärkt und zufrieden zu sein. Nämlich wie?

Die Umweltpsychologie kann dabei unterstützen, Umwelt- und Klimaschutz als attraktives Ziel zu beschreiben. Es geht weniger um Verzicht, sondern vielmehr um einen Zugewinn an Lebensqualität, Lebenszeit (Stressreduktion, weniger Krankheit, mehr Lebensjahre) und um ein sinnerfülltes Leben. Die Herausforderungen der Klimakrise können durch Technologie und Digitalisierung nicht gelöst werden; diese sind nur ein Teil der notwendigen Ansätze. Der zentrale Ansatzpunkt ist das Bewusstsein und das Verhalten der Menschen. Die Erreichung der Klimaziele von 1,5°C  kann nur dann gelingen, wenn wir unseren Lebensstil hinterfragen und ändern. Dass dies durchaus lustvoll sein kann, zeigen vielfältige Projekte und Initiativen auf der ganzen Welt. Das positive Nebenprodukt: diesen Menschen geht es deutlich besser, sie sind zufriedender, gesünder und haben mehr Spaß!

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