von Olivia Schmid – 01. Juni 2021-

Der Ton macht die Musik – Wie sehr wirkt Wortwahl?

„Klimakrise“ und „Klimakatastrophe“. Auf die Dringlichkeit der Situationen soll durch eine, teilweise überspitzte, Formulierung aufmerksam gemacht werden.

Wie wirkt Sprache?

„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“. Dieses Zitat von Ludwig Wittgenstein beschreibt, dass die Ausdrucksweise und das Denken von den Begriffen abhängen, welche uns zu Verfügung stehen. Sprache beeinflusst also unser Denken und Handlungen. Nicht nur die aktuelle Coronakrise, sondern auch andere Ereignisse verändern die Welt so, dass auch unsere Begriffe geändert werden. Expertinnen und Experten warnen davor, dass Wortwahl reale Konsequenzen auf unseren Umgang mit den Themen hat. Es wird vom Klimaschutz gesprochen, gemeint werden aber Tiere, der Mensch oder Pflanzenschutz und Auswirkungen auf diese. Der Sprachwissenschaftler Martin Reisigl vom Institut für Sprachwissenschaften der Universität Wien ist ebenfalls der Auffassung, dass es einen Unterschied macht, ob man von einem Klimawandel oder einer Klimakrise spricht. Ist ein Umdenken unseres Vokabulars also notwendig, um Missverständnisse zu vermeiden?

Sprachwandel

Der eigentliche Begriff führt schon zu Diskussionen. Denn es ist umstritten, ob nun Klimawandel, Klimaerwärmung oder Klimakatastrophe die richtige Bezeichnung für die aktuelle Situation ist. Klimaexpertinnen und Experten sind der Meinung, dass Klimawandel die Dramatik unzureichend beschreiben. Klimanotfall oder Klimakrise würde angemessener sein. Selbst in der Politik werden diese Themen diskutiert. Ausschlaggebend sind u.a. die Waldbrände in den USA, wozu sich der Gouverneur von Washington zu Wort meldete. Er spricht von Klimabränden, denn Waldbrände entstehen aus natürlichen Gegebenheiten. Diese Brände heutzutage sind der Erderwärmung zu verschulden und dementsprechend auch dem Menschen. Politiker in Österreich, vor allem in der FPÖ, sind davon nicht überzeugt: Es würde unnötige Hysterie um den Klimawandel gemacht werden.

„Der Ton macht die Musik“

Der Begriff des Klimawandels führt im Gegensatz zu dem Begriff einer Klimakatastrophe oder eines Klimanotfall nicht zum Wunsch einer konkreten Handlung. Jedoch ist er brauchbar, um neben der globalen Temperatur auch auf die veränderten Windverhältnisse, Wetterextremen und den steigenden Meeresspiegel aufmerksam zu machen. Die aktuelle Problematik und negativen Folgen der Erderwärmung werden mit den Begriffen der Klimakrise und des Klimanotstandes bezeichnet. Krise bezeichnet nach Reisigl für eine schwierige Situation. Die Bezeichnung einer globalen Klimakatastrophe kann dazu führen, dass Menschen das Thema als Alarmismus abtun, jedoch geht es immer in erster Linie um den Kontext, in welchem sie eingebettet sind.

Handlungsaufforderungen statt bedrohlicher Fakten

Kommunikation hat Auswirkung auf den Umgang mit gewissen Themen. Es wurde eine Studie 2017 durchgeführt, bei welcher ÖsterreicherInnen und ArgentinierInnen teilnahmen. Die Hälfte der TeilnehmerInnen bekamen einen Text zum Klimawandel zu lesen und der anderen Hälfte bedrohliche Fakten dazu vorgelegt. Es zeigte sich, dass die Personen, welche die bedrohlichen Fakten gelesen hatten, im Nachhinein weniger Initiative gezeigt haben, um gegen den Klimawandel zu wirken. Des Weiteren stellte sich heraus, dass ÖsterreicherInnen weniger bereit waren etwas an ihrem Verhalten zu ändern als ArgentinierInnen. Da ArgentinierInnen eher von den direkten Folgen des Klimawandels betroffen sind, könnte das der Grund sein. Auch sehen ExpertInnen die kulturellen und sprachlichen Unterschiede als mögliche Einflussfaktoren. Sie sind der Auffassung, dass konkrete Handlungsaufforderungen besser wirken würden als „bedrohliche“ Fakten.

Zusammenfassung

Das Aufmerksam - machen auf die Klimakrise ist notwendig, um uns aus der brenzlichen Situation zu retten. Doch wie gelingt das? Sprache und die richtige Wahl von Begriffen sind hierbei wichtig und ausschlaggebend, wie die Information aufgenommen bzw. ob diese auch angenommen wird. Die Begriffe Klimanotstand und Klimakrise zielen auf die Dringlichkeit und Aktualität der Situation ab, wohingegen der Begriff des Klimawandels keine konkreten Handlungen auslöst. Klimawandel beschreibt aber neben der globalen Temperatur auch andere Änderungen der Naturzustände. Des Weiteren wirken konkrete Handlungsaufforderungen laut ExpertInnen besser, also bloß bedrohliche Fakten zu liefern.



Literatur:
Pallinger, Jakob. 2021. Wandel, Krise, Katastrophe. In: Der Standard.