Das große Welttheater.
Von der Macht der Vorstellungskraft in Zeiten des Umbruchs.
Buchrezension zu Philipp Blom (2020). Das große Weltteater: Wien: Zsolnay
Buchrezension zu Philipp Blom (2020). Das große Weltteater: Wien: Zsolnay
"Das große Welttheater ist ein Ort, an dem sich die Welt neu erfinden kann."
In seinem großen Essay zeigt Philipp Blom, wie es möglich ist, dass der Westen nicht trotz, sondern wegen Frieden und Wohlstand in einer Krise steckt. Die Zeichen stehen auf Sturm, und der Kampf um die Zukunft wird auch ein Kampf der Geschichten sein, vor aller Augen, auf der Bühne des Welttheaters.
aus dem Inhalt
Phlipp Blom versteht es meisterhaft, die Krisen unserer Zeit, von der Gefährdung der Demokratie bis zur Klimakrise, in wortgewaltige Geschichten zu fassen. Er nimmt dabei Anleihe an dem Mysterienspiel von Caldéron mit gleichnamigem Titel. Dabei beschreibt Caldéron die Welt des Barock, bei der jeder Mensch seine - von Gott - feste zugewiesen Rolle hat.
Dieses statische Weltverständnis wurde jedoch durch Krisen, besonders die kleine Eiszeit (16.-17. Jahrhundert) sowie die Pest nachhaltig erschüttert. Hinzu kam durch die Aufklärung ein Hinterfragen bisherhiger Gesellschaftsordnungen. Diese Ereignisse und viele weitere haben die Welt verändert, in vielen Bereichen zum Positiven. Und dennoch finden wir uns heute wieder mit vergleichbaren Krisen konfrontiert: Umweltkrise und Pandemie.
"Die Kleine Eiszeit ist ein Beispiel dafür, wie Menschen aus den Geschichten der Vergangenheit heraus auf eine veränderte Gegenwart reagieren, weil sie noch keine Geschichten, noch keine Bilder im Kopf haben für die neue Realität, keine Landkarten für dieses fremde Territorium." (S. 35)
"Während der Kleinen Eiszeit konnten sich die damaligen Gesellschaften erst an die neuen Verhältnisse anpassen, als sie begannen, andere Bilder im Kopf zu haben (empirisches Wissen, Gleichheit vor dem Gesetz, Toleranz, Freiheit), sich andere Geschichten zu erzählen und aus ihnen heraus auch anders zu handeln. Das dauerte, besonders weil einprägsam erzählte Geschichten sich nur schwer durch andere ersetzen lassen." (S. 38)
Das Buch "Das große Welttheater" macht Mut, neue Geschichten zu erzählen, Visionen für eine neue Welt zu entwerfen und vom Wissen zum Handeln zu kommen. Die Lehren der Geschichte können und dabei helfen, alte Fehler nicht zu wiederholen, sondern die Chancen wahrzunehmen, die sich uns bieten.
Blom formuliert provokant, dass wir uns nur in einer freien Welt wähnen, eher ist der moderne Mensch eine Spezies in einem Zoo, den er selbst kreiert hat. Die tatsächliche Umwelt wird dadurch immer weniger wahrgenommen. Und auch die Krisen werden gekonnt ausgelagert, in ferne Länder, wie man am Beispiel Landvernichtung in Afrika oder modernes Sklaventum in Entwicklungsländern sieht.
"Es kostet viel Energie, diesen Zoo zu unterhalten. Er besteht nur noch auf Pump, von Ressourcen, die er sich von denen nimmt, die noch nicht geboren sind, noch nicht nein sagen können, von denen, die zu schwach sind, die nicht zählen." (S. 61)
"Es ist schwer, im Überfluss über Eindämmung nachzudenken, eben weil es der Logik der Zeit nicht entspricht, die immer weitere Steigerungen sucht." (S. 74)
Das Buch geht jedoch weiter und ermuntert dazu, hinter den Vorhang zu blicken, Etabliertes zu hinterfragen und zu wagen, neue Geschichten zu denken. Dabei sieht Blom besonders in der Kunst eine Möglichkeit, neue Bilder und Geschichten zu entwerfen, sich aus dem Rahmen des Bekannten hinauszuwagen. Nicht von ungefähr ist dieser Essay anlässlich des 100 Jahres Jubiläums der Salzburger Festspiele entsanden.
"In Zeiten des Umbruchs wachsen neue Geschichten durch die Risse im Beton der offiziellen Wahrheit, erstarken durch Unsicherheit. Zuerst ist es nur eine Intuition, ein vages Gefühl, höchstens anekdotisch belegt: Etwas hat sich verschoben." (S. 111)
In seinem Abschluss-Kapitel "Von Caldéron über Asterix ins Ungewisse?" schreibt Blom:
"Neues wird erst denkbar, wenn es eine Gestalt bekommt, wenn es sichtbar und hörbar wird, wenn es emotional berührt. Das ist die zentrale Arbeit von Künstlern und Denkerinnen ...." (S. 122)
Und das ist auch die Aufgabe von all jenen, die es an der Zeit sehen, mutige Schritte zu gehen, für eine neue Gesellschaft, eine neue Wirtschaft, für uns und für die Umwelt,
aus dem Inhalt
Phlipp Blom versteht es meisterhaft, die Krisen unserer Zeit, von der Gefährdung der Demokratie bis zur Klimakrise, in wortgewaltige Geschichten zu fassen. Er nimmt dabei Anleihe an dem Mysterienspiel von Caldéron mit gleichnamigem Titel. Dabei beschreibt Caldéron die Welt des Barock, bei der jeder Mensch seine - von Gott - feste zugewiesen Rolle hat.
Dieses statische Weltverständnis wurde jedoch durch Krisen, besonders die kleine Eiszeit (16.-17. Jahrhundert) sowie die Pest nachhaltig erschüttert. Hinzu kam durch die Aufklärung ein Hinterfragen bisherhiger Gesellschaftsordnungen. Diese Ereignisse und viele weitere haben die Welt verändert, in vielen Bereichen zum Positiven. Und dennoch finden wir uns heute wieder mit vergleichbaren Krisen konfrontiert: Umweltkrise und Pandemie.
"Die Kleine Eiszeit ist ein Beispiel dafür, wie Menschen aus den Geschichten der Vergangenheit heraus auf eine veränderte Gegenwart reagieren, weil sie noch keine Geschichten, noch keine Bilder im Kopf haben für die neue Realität, keine Landkarten für dieses fremde Territorium." (S. 35)
"Während der Kleinen Eiszeit konnten sich die damaligen Gesellschaften erst an die neuen Verhältnisse anpassen, als sie begannen, andere Bilder im Kopf zu haben (empirisches Wissen, Gleichheit vor dem Gesetz, Toleranz, Freiheit), sich andere Geschichten zu erzählen und aus ihnen heraus auch anders zu handeln. Das dauerte, besonders weil einprägsam erzählte Geschichten sich nur schwer durch andere ersetzen lassen." (S. 38)
Das Buch "Das große Welttheater" macht Mut, neue Geschichten zu erzählen, Visionen für eine neue Welt zu entwerfen und vom Wissen zum Handeln zu kommen. Die Lehren der Geschichte können und dabei helfen, alte Fehler nicht zu wiederholen, sondern die Chancen wahrzunehmen, die sich uns bieten.
Blom formuliert provokant, dass wir uns nur in einer freien Welt wähnen, eher ist der moderne Mensch eine Spezies in einem Zoo, den er selbst kreiert hat. Die tatsächliche Umwelt wird dadurch immer weniger wahrgenommen. Und auch die Krisen werden gekonnt ausgelagert, in ferne Länder, wie man am Beispiel Landvernichtung in Afrika oder modernes Sklaventum in Entwicklungsländern sieht.
"Es kostet viel Energie, diesen Zoo zu unterhalten. Er besteht nur noch auf Pump, von Ressourcen, die er sich von denen nimmt, die noch nicht geboren sind, noch nicht nein sagen können, von denen, die zu schwach sind, die nicht zählen." (S. 61)
"Es ist schwer, im Überfluss über Eindämmung nachzudenken, eben weil es der Logik der Zeit nicht entspricht, die immer weitere Steigerungen sucht." (S. 74)
Das Buch geht jedoch weiter und ermuntert dazu, hinter den Vorhang zu blicken, Etabliertes zu hinterfragen und zu wagen, neue Geschichten zu denken. Dabei sieht Blom besonders in der Kunst eine Möglichkeit, neue Bilder und Geschichten zu entwerfen, sich aus dem Rahmen des Bekannten hinauszuwagen. Nicht von ungefähr ist dieser Essay anlässlich des 100 Jahres Jubiläums der Salzburger Festspiele entsanden.
"In Zeiten des Umbruchs wachsen neue Geschichten durch die Risse im Beton der offiziellen Wahrheit, erstarken durch Unsicherheit. Zuerst ist es nur eine Intuition, ein vages Gefühl, höchstens anekdotisch belegt: Etwas hat sich verschoben." (S. 111)
In seinem Abschluss-Kapitel "Von Caldéron über Asterix ins Ungewisse?" schreibt Blom:
"Neues wird erst denkbar, wenn es eine Gestalt bekommt, wenn es sichtbar und hörbar wird, wenn es emotional berührt. Das ist die zentrale Arbeit von Künstlern und Denkerinnen ...." (S. 122)
Und das ist auch die Aufgabe von all jenen, die es an der Zeit sehen, mutige Schritte zu gehen, für eine neue Gesellschaft, eine neue Wirtschaft, für uns und für die Umwelt,