Alexander von Humboldt – Pionier der Klimaforschung und Umweltbewegung
Buchrezension zu Andrea Wulf (2016). Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur. München: Bertelsmann.
Alexander von Humboldt – Pionier der Klimaforschung und Umweltbewegung
„Er war seiner Zeit weit voraus: Alexander von Humboldt, Universalgelehrter, unermüdlicher Naturforscher, der „Shakespeare der Wissenschaften“ und „Wiederentdecker Amerikas.“ Wie kein anderer Wissenschaftler prägte er unser Verständnis von der Natur als lebendigem Ganzen, als Kosmos, in dem alles miteinander verbunden ist und dessen untrennbarer Teil wir sind.“ (aus dem Buchrücken).
Die vielfach ausgezeichnete Homboldt-Biographie von Andrea Wulff vermisst auf über 550 Seiten nicht nur das Denken und Wirken von Alexander von Humboldt, den berühmtesten Wissenschaftler und nach Napoleon bekanntesten Mann seiner Zeit. Das Buch entführt den Leser auch auf Abenteuer rund um den Globus, die so packend beschrieben sind, dass man sich als Weggefährte Alexander von Humboldts fühlt. Angereichert wird dies noch um die unglaubliche Vielfalt, mit der Alexander von Humboldt an die Erforschung der Natur herangeht. Anders als andere Wissenschaftler galt sein Interesse nicht der Zerteilung von Naturphänomenen oder der schlichten Aufzählung von Details, sondern der ganzheitlichen Betrachtung und Vernetzung verschiedener Aspekte der Natur.
„Er begriff die Natur als eine globale Kraft miteinander entsprechenden Klimazonen auf verschiedenen Kontinenten: Das war damals ein radikales Konzept, und noch heute prägt es unser Verständnis der Ökosysteme.“
„Humboldts Bücher, Tagebücher und Briefe verraten einen visionären Denker, der seiner Zeit weit voraus war. Er erfand die Isotherme – die Temperatur- und Drucklinien, die wir heute auf unseren Wetterkarten sehen – und entdeckte den magnetischen Äquator. Er war auch der erste, der von Vegetations- und Klimazonen sprach, die sich rund um den Globus schlängeln.“ (S. 24)
Dieses vernetzte Denken, das Verknüpfen verschiedener Wissenschaften, war damals einzigartig und ist es heute noch. Bei all dem Forschritt der Wissenschaften führte die Spezialisierung der einzelnen Fachbereiche leider allzu oft zu einer mangelnden Kommunikation untereinander. Somit sind jene Forscher und Praktiker, die einen Überblick über verschiedene Themengebiete haben, Nischenexemplare, um eine Terminologie von Charles Darwin aufzugreifen, der, wie viele andere von Alexander von Humboldt maßgeblich beeinflusst war.
Das Wirken von Humboldt war nicht nur durch seine eigenen Schriften, die damals Bestseller waren, äußerst eindrucksvoll, sondern auch durch die Inspiration, die er anderen Forschern und auch Literaten und Künstlern gab. Eine besondere Freunschaft verband Humboldt mit Johann Wolfgang von Goethe, der um einiges älter war, jedoch durch seinen jungen Freund zu neuem Tatendrang angeregt wurde. Er war auch von der unbändigen Energie Alexander von Humboldts begeistert. „Man könnte in acht Tagen nicht aus Büchern herauslesen, was er einem in einer Stunde vorträgt.“ (S. 48)
Eine besondere Herangehensweise an die Natur war das sinnliche Erfahren und die Betonung der Subjektivität. Humboldt verband die empirische Forschung mit emotionalen Reaktionen. In einem Brief an Goethe schrieb er „Die Natur muss gefühlt werden.“ (S. 60) Beide glaubten an die Verbindung von Kunst und Wissenschaft und machten dadurch Natur und empirische Forschung einer breiten Bevölkerung zugänglich.
„Nie hatte ein Wissenschaftler auch über Dichtkunst, Malerei und Gartenarchitektur geschrieben, über Landwirtschaft und Politik, über Empfundungen und Gefühle.“ (S. 311)
Aufgenommen wurde dieser Zugang auch von Ernst Haeckel, einem deutschen Mediziner, Zoologen, Philosophen und Freidenker, der als erster den Begriff „Ökologie“ 1866 verwendete. „In Die Welträtsel schrieb Haeckel über die Seele, den Körper und die Einheit der Natur, über Erkenntnis und Glauben, Wissenschaft und Religion. Es wurde die Bibel des Monismus.“ (S. 391) (Der Monismus wird als Lehre von der Einheit der Natur verstanden, dass es keine Trennung der organischen und anorganischen Welt gibt.)
Humboldt warnte auch bereits um 1800 vor den dramatischen Folgen der Umweltzerstörung und einen vom Menschen verursachten Klimawandel am Beispiel der Abholzung der Regenwälder in Südamerika!
„Am Velenciasee in Venezuela betrachtete Humboldt die Abholzung nicht mehr allein unter rein wirtschaftlichen Aspekten, sondern sah sie in einem größeren Zusammenhang. Und er warnte vor den verheerenden Folgen der landwirtschaftlichen Techniken seiner Zeit, unter denen die künftigen Generationen leiden würden.“ (S. 86)
220 Jahre später hat sich die düstere Prognose leider bestätigt. Umso wichtiger, die Lehren, die bereits damals gezogen wurden und durch viele weitere Forschungen bis heute aktualisiert wurden, tatsächlich zum Anlass zu nehmen, alles Menschenmögliche zu unternehmen, um die Klimakrise zumindest abzuschwächen.
Humboldt empfahl auch eine Abkehr der anthropozentrischen Sicht, die seit Aristoteles vorherrschend war und von René Descartes weiter propagiert wurde. Demgegenüber sah er den Menschen als Teil der Natur, der dieser mit Respekt begegnen sollte.
In der Einleitung des Buches Kosmos, das bereits in den ersten Monaten ein Bestseller war, beschrieb er: „Alles sei Teil „in dem ewigen Treiben und Wirken der lebendigen Kräfte“. Er sah die Natur als „lebendiges Ganzes“, in dem sich die Organismen zu einem „netzartig verschlungenen Gewebe“ verbinden. (S. 309)
Zusammenfassend ist die Biographie von Alexander von Humboldt äußerst lesenswert, anregend und inspirierend. Besonders die packenden Erzählungen verschiedener Forschungsreisen, die Beschreibungen von Experimenten und die Diskussionen mit Künstlern wie Goethe oder Schiller spannen einen Bogen, der alle Lebensbereiche einbezieht. Bereits während des Lesens bemerkt man, wie sich der Zugang zur Natur verändert, sinnlicher und einfühlsamer und wie dadurch der eigene Horizont erweitert wird und Möglichkeiten aufscheinen lässt, wie das eigene Verhalten naturgerechter gestaltet und Verantwortung für die Erde übernommen werden können.
Die vielfach ausgezeichnete Homboldt-Biographie von Andrea Wulff vermisst auf über 550 Seiten nicht nur das Denken und Wirken von Alexander von Humboldt, den berühmtesten Wissenschaftler und nach Napoleon bekanntesten Mann seiner Zeit. Das Buch entführt den Leser auch auf Abenteuer rund um den Globus, die so packend beschrieben sind, dass man sich als Weggefährte Alexander von Humboldts fühlt. Angereichert wird dies noch um die unglaubliche Vielfalt, mit der Alexander von Humboldt an die Erforschung der Natur herangeht. Anders als andere Wissenschaftler galt sein Interesse nicht der Zerteilung von Naturphänomenen oder der schlichten Aufzählung von Details, sondern der ganzheitlichen Betrachtung und Vernetzung verschiedener Aspekte der Natur.
„Er begriff die Natur als eine globale Kraft miteinander entsprechenden Klimazonen auf verschiedenen Kontinenten: Das war damals ein radikales Konzept, und noch heute prägt es unser Verständnis der Ökosysteme.“
„Humboldts Bücher, Tagebücher und Briefe verraten einen visionären Denker, der seiner Zeit weit voraus war. Er erfand die Isotherme – die Temperatur- und Drucklinien, die wir heute auf unseren Wetterkarten sehen – und entdeckte den magnetischen Äquator. Er war auch der erste, der von Vegetations- und Klimazonen sprach, die sich rund um den Globus schlängeln.“ (S. 24)
Dieses vernetzte Denken, das Verknüpfen verschiedener Wissenschaften, war damals einzigartig und ist es heute noch. Bei all dem Forschritt der Wissenschaften führte die Spezialisierung der einzelnen Fachbereiche leider allzu oft zu einer mangelnden Kommunikation untereinander. Somit sind jene Forscher und Praktiker, die einen Überblick über verschiedene Themengebiete haben, Nischenexemplare, um eine Terminologie von Charles Darwin aufzugreifen, der, wie viele andere von Alexander von Humboldt maßgeblich beeinflusst war.
Das Wirken von Humboldt war nicht nur durch seine eigenen Schriften, die damals Bestseller waren, äußerst eindrucksvoll, sondern auch durch die Inspiration, die er anderen Forschern und auch Literaten und Künstlern gab. Eine besondere Freunschaft verband Humboldt mit Johann Wolfgang von Goethe, der um einiges älter war, jedoch durch seinen jungen Freund zu neuem Tatendrang angeregt wurde. Er war auch von der unbändigen Energie Alexander von Humboldts begeistert. „Man könnte in acht Tagen nicht aus Büchern herauslesen, was er einem in einer Stunde vorträgt.“ (S. 48)
Eine besondere Herangehensweise an die Natur war das sinnliche Erfahren und die Betonung der Subjektivität. Humboldt verband die empirische Forschung mit emotionalen Reaktionen. In einem Brief an Goethe schrieb er „Die Natur muss gefühlt werden.“ (S. 60) Beide glaubten an die Verbindung von Kunst und Wissenschaft und machten dadurch Natur und empirische Forschung einer breiten Bevölkerung zugänglich.
„Nie hatte ein Wissenschaftler auch über Dichtkunst, Malerei und Gartenarchitektur geschrieben, über Landwirtschaft und Politik, über Empfundungen und Gefühle.“ (S. 311)
Aufgenommen wurde dieser Zugang auch von Ernst Haeckel, einem deutschen Mediziner, Zoologen, Philosophen und Freidenker, der als erster den Begriff „Ökologie“ 1866 verwendete. „In Die Welträtsel schrieb Haeckel über die Seele, den Körper und die Einheit der Natur, über Erkenntnis und Glauben, Wissenschaft und Religion. Es wurde die Bibel des Monismus.“ (S. 391) (Der Monismus wird als Lehre von der Einheit der Natur verstanden, dass es keine Trennung der organischen und anorganischen Welt gibt.)
Humboldt warnte auch bereits um 1800 vor den dramatischen Folgen der Umweltzerstörung und einen vom Menschen verursachten Klimawandel am Beispiel der Abholzung der Regenwälder in Südamerika!
„Am Velenciasee in Venezuela betrachtete Humboldt die Abholzung nicht mehr allein unter rein wirtschaftlichen Aspekten, sondern sah sie in einem größeren Zusammenhang. Und er warnte vor den verheerenden Folgen der landwirtschaftlichen Techniken seiner Zeit, unter denen die künftigen Generationen leiden würden.“ (S. 86)
220 Jahre später hat sich die düstere Prognose leider bestätigt. Umso wichtiger, die Lehren, die bereits damals gezogen wurden und durch viele weitere Forschungen bis heute aktualisiert wurden, tatsächlich zum Anlass zu nehmen, alles Menschenmögliche zu unternehmen, um die Klimakrise zumindest abzuschwächen.
Humboldt empfahl auch eine Abkehr der anthropozentrischen Sicht, die seit Aristoteles vorherrschend war und von René Descartes weiter propagiert wurde. Demgegenüber sah er den Menschen als Teil der Natur, der dieser mit Respekt begegnen sollte.
In der Einleitung des Buches Kosmos, das bereits in den ersten Monaten ein Bestseller war, beschrieb er: „Alles sei Teil „in dem ewigen Treiben und Wirken der lebendigen Kräfte“. Er sah die Natur als „lebendiges Ganzes“, in dem sich die Organismen zu einem „netzartig verschlungenen Gewebe“ verbinden. (S. 309)
Zusammenfassend ist die Biographie von Alexander von Humboldt äußerst lesenswert, anregend und inspirierend. Besonders die packenden Erzählungen verschiedener Forschungsreisen, die Beschreibungen von Experimenten und die Diskussionen mit Künstlern wie Goethe oder Schiller spannen einen Bogen, der alle Lebensbereiche einbezieht. Bereits während des Lesens bemerkt man, wie sich der Zugang zur Natur verändert, sinnlicher und einfühlsamer und wie dadurch der eigene Horizont erweitert wird und Möglichkeiten aufscheinen lässt, wie das eigene Verhalten naturgerechter gestaltet und Verantwortung für die Erde übernommen werden können.